Nach Festnahme in Dresden
Spionage für China? EU-Parlament suspendiert Mitarbeiter von AfD-Politiker Maximilian Krah
Straßburg: Maximilian Krah von der AfD telefoniert in einer Sitzung des Europäischen Parlaments. Einem seiner Mitarbeiter wird Spionage vorgeworfen.
Quelle: Jean-Francois Badias/AP/dpa
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• 7 Minuten
Die Polizei hat einen Mann in Dresden festgenommen, der Spionage für China betrieben haben soll. Das Brisante: Es handelt sich um einen Mitarbeiter des AfD-Spitzenkandidaten für die Europawahl, Maximilian Krah. Das EU-Parlament hat den Betroffenen jetzt suspendiert.
Die Generalbundesanwaltschaft hat in Dresden einen Mann festnehmen lassen, der für China spioniert haben soll. Dabei handelt es sich um den deutschen Staatsangehörigen Jian G. Ihm wird laut Mitteilung der Strafverfolger Agententätigkeit für einen ausländischen Geheimdienst in einem besonders schweren Fall zur Last gelegt. Die Kenntnisse wurden durch den Verfassungsschutz übermittelt. Es gab auch Durchsuchungen von Wohnungen des Beschuldigten. Nach Informationen der „Leipziger Volkszeitung“ (LVZ) wurde G. in der Nacht im Dresdner Stadtteil Plauen verhaftet.
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Jian G. arbeitet seit 2019 als engster Mitarbeiter für Maximilian Krah, der AfD-Spitzenkandidat für die Europawahl im Juni ist. Er soll im Januar 2024 Informationen aus dem Parlamentsbetrieb der EU an das chinesische Ministerium für Staatssicherheit (MSS) übermittelt haben. Zudem wird ihm vorgeworfen, chinesische Oppositionelle in Deutschland ausgespäht zu haben. G. soll am Dienstag dem Ermittlungsrichter vorgeführt werden. Auf Anfrage des RedaktionsNetzwerks Deutschland (RND) teilte Krah zunächst mit: „Ich habe den Kenntnisstand der Pressemitteilung des Generalbundesanwalts und versuche, mehr herauszufinden.“
Die Festnahme G.s erfolgte in einem Mehrfamilienhaus in einer Seitenstraße in Dresden. Nachbarn haben davon nichts mitbekommen, wie „LVZ“-Reporter Kai Kollenberg berichtet.
Quelle: LVZ/Kai Kollenberg
Krah will Konsequenzen ziehen, „sollten sich die Vorwürfe als wahr erweisen“
Später äußerte sich der AfD-Politiker auf X etwas detaillierter. Von der Festnahme seines Mitarbeiters habe er erst aus der Presse erfahren, schrieb Krah. „Weitere Informationen liegen mir nicht vor.“ Er deutete eine Trennung von G. an, falls sich der Verdacht der Ermittler erhärte. „Die Spionagetätigkeit für einen fremden Staat ist eine schwerwiegende Anschuldigung. Sollten sich die Vorwürfe als wahr erweisen, würde dies die sofortige Beendigung des Dienstverhältnisses nach sich ziehen.“
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Ein Sprecher des EU-Parlaments sagte dem RND, dass der Mitarbeiter am Dienstag mit sofortiger Wirkung suspendiert wurde.
Faeser zeigt sich alarmiert – Von Notz: „Verachtung für unsere Demokratie“
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) nannte die Spionagevorwürfe gegen den Mitarbeiter Krahs „äußerst schwerwiegend“. „Wenn sich bestätigt, dass aus dem Europäischen Parlament heraus für chinesische Nachrichtendienste spioniert wurde, dann ist das ein Angriff von innen auf die europäische Demokratie“, sagte sie am Vormittag in Berlin. Auch der Vorwurf einer Ausspähung der chinesischen Opposition sei sehr ernst zu nehmen. „Wer einen solchen Mitarbeiter beschäftigt, trägt dafür auch Verantwortung“, meinte Faeser in Richtung der AfD. Es gelte nun, den Fall genauestens aufzuklären.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) will den Fall aufklären.
Quelle: Britta Pedersen/dpa
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Der Vorsitzende des Parlamentarischen Kontrollgremiums des Bundestages, Konstantin von Notz (Grüne), wertete die jüngste Festnahme eines mutmaßlichen Mitarbeiters des AfD-Europaabgeordneten als weiteren Beleg für die autoritäre Neigung der Partei. „Die AfD ist eine Partei der Diktaturen“, sagte er dem RND. „Das ist am Ende auch das Modell, das sie für Deutschland im Kopf hat. Aus ihrer Verachtung für unsere Demokratie und unseren Rechtsstaat macht sie keinen Hehl. Und das macht ihre Politiker offensichtlich sehr anfällig für Einflussnahme und Steuerung aus China und aus Russland. Wir reden nicht über Einzelfälle, all das hat Struktur und betrifft die ganze Partei.“
Besondere Nähe zu Peking
Krah fällt schon seit Jahren mit besonders chinafreundlichen Positionen auf. Selbst enge Weggefährten wunderten sich über zwei Glückwunschvideos zum 70. Jahrestag der Gründung der Kommunistischen Partei Chinas und zum 70. Jahrestag der chinesischen Besetzung Tibets. „Sie feiern jetzt 70 Jahre autonome Region Tibet, ich finde, Sie haben allen Grund dazu, stolz auf das zu sein, was Sie erreicht haben“, sagte Krah dort.
Das sei „wahrscheinlich nicht ideal“ gewesen, sagte Krah bei einer Podiumsdiskussion. Er verfüge aber über „null geschäftliche Beziehungen mit China“.
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Immerhin aber gibt es im Umfeld von Krah in dessen Heimat Dresden ein chinesisches Beziehungsgeflecht: Der Krah-Vertraute Torsten Voß sitzt im Vorstand des Vereins Neue Seidenstraße e. V. Voß versucht zudem seit 2019, eine Städtepartnerschaft und Investitionen aus China für das sächsische Pirna zu organisieren, und agiert dabei vermutlich in chinesischem Auftrag. Krah begleitete die Delegation Pirnas in China und besuchte zu diesem Anlass auch Staatsfirmen wie Huawei und Chinapetrol. Er besteht darauf, die Flüge nach China und zurück selbst bezahlt zu haben. Aus der Pirna-Partnerschaft wurde bis heute nichts.
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Das könnte sich bald ändern: Treibende Kraft hinter der Pirnaer China-Reise war damals der Stadtrat Tim Lochner, ein weiterer Krah-Bekannter. Seit 2023 ist er für die AfD Oberbürgermeister der Stadt. Zentral in die Organisation der Reise eingebunden war kein anderer als Jian G. Er beschaffte die Visa und kümmerte sich auch um die Gastgeschenke.
Politiker fordern Krah-Rücktritt
Politiker verschiedener Parteien fordern den Rücktritt des AfD-Spitzenkandidaten Krah. CDU-Parlamentsgeschäftsführer Thorsten Frei sagte der „Rheinischen Post“: „Es ist absolut indiskutabel, einen Spitzenkandidaten zu haben, der sich mit derartigen Vorwürfen auseinanderzusetzen hat.“
Die FDP-Abgeordnete Marie-Agnes Strack-Zimmermann kritisierte auch den AfD-Europakandidaten Petr Bystron, der sich Vorwürfen erwehrt, möglicherweise Geld für prorussische Propaganda bekommen zu haben: „Beide müssten nach menschlichem Ermessen ihre Kandidatur niederlegen, statt unserem Land weiter zu schaden“, sagte sie dem Berliner „Tagesspiegel“.
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Grünen-Chef Omid Nouripour sieht in der AfD eine Gefahr für die nationale Sicherheit. „Es braucht dringend Aufklärung über die undurchsichtigen Beziehungen ihres Spitzenkandidaten Krah zu Vertretern Russlands und Chinas“, schrieb er bei X (früher Twitter).
Der SPD-Fraktionsvize Dirk Wiese sprach von chaotischen Zuständen in der AfD: „Erst die Vorwürfe schmieriger Geldzahlungen aus dem Kreml, jetzt mutmaßliche Spionage für China“, sagte er der „Rheinischen Post“. Die AfD versinke im Chaos von Vorwürfen des Geheimnisverrats und kriminellen Machenschaften.
Drei Festnahmen wegen Spionage-Verdachts bereits am Montag
Bereits am Vortag waren drei mutmaßliche Spione für China in Düsseldorf und in Bad Homburg festgenommen worden. Die Bundesanwaltschaft hatte die drei Deutschen wegen Spionage-Verdachts im Visier. Die beiden Männer und eine Frau sollen demnach in Deutschland Informationen über Militärtechnik beschafft haben, um sie an den chinesischen Geheimdienst weiterzugeben. Zum Zeitpunkt der Festnahmen hätten sich die Beschuldigten in Verhandlungen über Forschungsprojekte befunden, die insbesondere zum Ausbau der maritimen Kampfkraft Chinas nützlich sein könnten, hieß es. Für zwei der Festgenommenen gibt es inzwischen Haftbefehle.
RND/dpa/axl/jps/mdc/kol/janp